Dienstag, 1. Oktober 2013

Thomas Mendl - Im Land der Stundendiebe

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(414 Seiten)

 
„Die zwölfjährige Anna und ihr Zwillingsbruder Ben sind völlig aus dem Häuschen. Eine ganze Woche fahren ihre Eltern in Urlaub und überlassen sie der Obhut ihrer nachsichtigen Tante Mia. Für die Zwillinge bedeutet das jede Menge Freiheit und Nichtstun, da sind sie sich sicher. Doch schon am ersten Abend kommt alles ganz anders, denn ein scheinbar harmloser Stromausfall entpuppt sich als Beginn einer abenteuerlichen Reise. Einer Reise, auf der Anna und Ben es mit fremden Zeiten, verborgenen Welten, falschen Wissenschaftlern und einem echten Fürsten zu tun bekommen.“
 
Nach meiner kleinen „Lesepause“ kam mir „Im Land der Stundendiebe“ als Wiedereinstieg genau richtig vor. Eine schöne Fantasy-Geschichte ab 10 Jahren, einfach geschrieben und somit schnell durch! So der Plan.
Wie hätte ich auch ahnen können, dass sich hinter so einem ansprechenden Cover so ein langweiliger Firlefanz verbergen könnte?! Da ich öfters mal Kinder- und Jugendbücher lese, kann ich also ausschließen, dass es alleine daran lag und ich einfach nur zu alt für das Buch war.
 
Aber erst einmal ein paar Worte zur Grundidee: Die Zwillinge Anna und Ben gelangen über eine Art Zeitmaschine ins Jahr 1919. Zusammen mit anderen Kindern aus den verschiedensten Jahrhunderten versuchen sie nun, einen Weg zurück in ihre Zeiten zu finden. Statt jedoch erneut in der Zeit zu reisen, geraten sie in eine Parallelwelt, in der sie nicht nur sich selbst treffen, sondern auch jede Menge anderer Kuriositäten gegenüberstehen.
Aus dieser Idee lässt sich doch eigentlich so einiges machen! Ich fand es zumindest sehr vielversprechend und war bereits nach ein paar Seiten bereit, mich voll und ganz auf die Geschichte einzulassen!
Leider hielt dieses Gefühl nicht allzu lange an, denn schon nach ein paar Kapiteln musste ich mich regelrecht zwingen, weiterzulesen. Sagen wir’s so: Ich hätte nichts verpasst, wenn ich es tatsächlich zur Seite gelegt hätte.
 
Ein wirres Ereignis jagt das andere. Ständig wird zwischen den Zeiten und Welten hin- und hergesprungen. Um das Ganze noch etwas unübersichtlicher zu machen, werden zwischendurch noch ein paar erfundene Geschichten erzählt, die sich aber „wie echt“ anfühlen.  Anna, Ben, Cleo, Tim, Tango und Armelle (Gott, was ist mir diese ellenlange Namensauflistung auf die Nerven gegangen…) sitzen eigentlich ununterbrochen in der Tinte. Mal retten sie sich auf wundersame Weise selbst oder sie werden von spektakulären Figuren gerettet, nur um sofort wieder in eine Falle zu geraten. Ich hatte das Gefühl, Thomas Mendl wollte jedes noch so kleine Detail so bunt und ausgeschmückt darstellen, wie es nur geht. Manchmal ist weniger aber einfach mehr. Die meisten, mit Pauken und Trompeten vorgestellten Figuren haben nur ihren 2 – 3 Seiten langen Auftritt und verschwinden dann für den Rest des Buches komplett von der Bildfläche. Das kann man ja mal machen, aber bitte nicht im Sekundentakt!
 
Und dann ist da noch unsere liebe, nette, schlaue, fantasievolle Hauptperson Anna. Mit ihr bin ich nicht nur nicht warm geworden, ich fand sie eigentlich ziemlich blöd. Das war jedoch mit Sicherheit nicht der Effekt, den der Autor bei seinen Lesern erzielen wollte. Wo er sich doch solche Mühe gegeben hat, sie soooo toll darzustellen. Tja, schade, ich fand sie trotzdem, oder gerade deswegen, blöd.
 
Zusammengefasst hätten wir da also eine vollgestopfte Geschichte, ohne solide Grundhandlung, in der man eigentlich nur den Überblick verlieren kann und dazu noch eine unsympathische Hauptperson!
 
Bevor ich in dieser Hinsicht weiter ins Detail gehe, hier aber noch mein Pluspunkt für das Buch: Der Insectulus! Ein kleiner blauer, fliegender Ball, der sprechen kann (auch, wenn er eigentlich nur jammert). Die „oh-wie-süß“ Reaktion blieb auch bei mir nicht aus!
 
So. Jetzt geht’s ans Eingemachte!           !!!ACHTUNG SPOILER!!!
 
Was mir so alles überhaupt nicht gepasst hat:
 
  • Erst wird zwischen Anna und Tim eine aufkeimende Liebesbeziehung angedeutet und dann wird darauf auf einmal kein bisschen mehr eingegangen.
  • Was wird aus den anderen, kommen sie in ihre Zeit zurück???
  • Was wird speziell aus Tim? Er wollte ja auf keinen Fall in seine Zeit zurück. Man hätte ihn so schön mit Anna und Ben mitschicken können.
  • Auch was aus dem Insectulus wird, bleibt unklar.
  • Cleo und Tango kommen aus den Jahren 2022 und 3033. Da wird erst ein Riesenaufstand drum gemacht, das hat bestimmt so viel zu bedeuten! Und dann? Nichts mehr.
  • Cleo kann durch Wände gehen (hab ich nicht so ganz verstanden), Tango ist besonders schnell, Ben ist der „Orakel Bruder“. Und was wird damit gemacht? Eigentlich nichts.
  • Anna ist wirklich ganz toll! Sie boxt ihren Bruder andauernd (total witzig…), und was den Insectulus angeht, dem sie sich so aufopferungsvoll widmet: Besonders liebevoll geht sie mit ihm ja auch nicht gerade um… Nehmen wir ihn doch als Köder, um herauszufinden, ob die anderen Leute wirklich Reflektierte sind, oder nicht; es wird schon nichts passieren. Er bewegt sich nicht? Dann tu ich ihm einfach weh, dann wird er sich schon bewegen. Als sie sich zum ersten Mal begegnen, hat er zwar panische Angst vor Anna und den anderen,  aber sie stopft ihn einfach mal in ihre Tasche um ihn zu „retten“!
  • Die eineiigen Zwölflinge, die „Eins“ bis „Zwölf“ heißen: tolle Idee, doch bei der aufwendigen Vorstellung erwarte ich mehr von ihnen.
  • Herr Ich und Herr Er, die auch immer von Ich und Er reden: tolle Idee, doch bei der aufwendigen Vorstellung erwarte ich mehr von ihnen.
 
Belassen wir es dabei. Es gibt noch so einiges, was ich entweder nicht schlüssig fand, oder was mir nicht gefallen hat, aber diese Auflistung soll reichen.
 
Auch hier bleibt nun noch die Frage offen, warum das Buch trotz allem bei vielen Lesern so gut angekommen ist?!? Das ist mir wirklich schleierhaft.

1 Kommentar:

  1. Sehr schade ... Ich denke, ich werde das Buch trotzdem noch selber lesen und mir ein Bild davon machen :)

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